Wie kam es zu dem Jobwechsel?
Da ich viele Jahre erfolgreich an „zweiter Position“ gearbeitet habe, wollte ich nun die künstlerische Verantwortung für ein Theater selbst übernehmen. Das Pfalztheater ist ein traditionsreiches Haus und ein Mehrspartentheater, was für mich sehr entscheidend ist. Und Jobwechsel allgemein sind im Theaterbereich ja systemimmanent, denn Theater bedarf der stetigen, auch personellen, Erneuerung und ein zu langes Verharren auf einer Position kann zu einem gewissen Stillstand im Kopf führen.
Wo liegen Ihre Stärken?
Grundsätzlich mögen ja die selbst erlebten Stärken nicht deckungsgleich sein mit dem, worin andere meine Stärken sehen und entdecken. Ich bin der Meinung, dass ich ein sehr guter Kommunikator und Moderator von Positionen bin, transparent und vermittelnd arbeiten kann, dabei aber mir der Entscheidungsverantwortung nicht nur bewusst bin, sondern diese Möglichkeit zum Gestalten auch ganz bewusst suche und will. Also ist auch Entscheidungsfreude eine Stärke, ich „sitze nichts aus“. In der (Theater-)Kunst halte ich mich für einen exzellenten Rezipienten, der konstruktive Kritik übt und mit der vorhandenen Distanz zum künstlerischen Werk oder Ergebnis den Schaffenden Hilfestellung geben kann. Idealerweise gelingt es mir damit, zwischen Künstler und Publikum eine größere Nähe und ein tieferes Verständnis herzustellen. Last but not least denke ich, dass ich nicht der langsamste im Durchdringen von Konflikten bin und daher relativ zügig Veränderungen anstoßen und Lösungen entwickeln kann.
Was bedeutet für Sie der Theaterwechsel von Thüringen nach Rheinland-Pfalz?
Ich bin sicher, dass es einen Unterschied zwischen dem Erfurter, dem Dresdner und dem Kaiserslauterer Theaterpublikum gibt, aber bin ebenso davon überzeugt, dass das mit regionaler Geschichte mehr zu tun hat als mit der Zeit von 1949 – 1989. Als „Kind aus dem Westen“ habe ich nun 15 Jahre „im Osten“ gearbeitet und kann nicht behaupten, mich dort aufgrund dieser Provenienz fremd gefühlt zu haben. Oder anders ausgedrückt: ich werde als Wahl-Hamburger und gebürtig aus dem Ruhrgebiet stammend vermutlich in der Pfalz auf ebenso viel Neues stoßen wie es im Thüringer Wald und in der Sächsischen Schweiz der Fall war. Unterschiede sollte man nicht negieren, sie können auch ungemein inspirierend wirken.
Was kann man von Ihnen in Kaiserslautern erwarten?
Evolution, nicht Revolution. Ich möchte das Theater nicht neu erfinden und letztlich bleiben wir Geschichten-Erzähler. Aber dennoch sollte das Theater modern gedacht werden als ein Ort, an dem Öffentlichkeit und Diskussion aufeinandertreffen. Die stärkere Verzahnung der Theatersparten ist mir ebenso ein Anliegen wie das nachhaltige und ressourcenschonende Arbeiten im Ausstattungsbereich. Konkret sollen möglichst viele Regieteams in Kaiserslautern arbeiten, die das Publikum noch nicht kennt und deren Regiehandschriften neu und aufregend sind. Gemeinsam mit einer starken Dramaturgie möchte ich die Themen besetzen und Stücke zeigen, die das Publikum in der Pfalz wirklich abholen und ansprechen. Natürlich die großen, zeitlosen Themen, die das Theater seit der attischen Tragödie bestimmen, aber eben auch regionale, zeitbezogene, spezifische Themen, die vielleicht vor zehn Jahren in Augsburg oder in fünf Jahren in Weimar keine Rolle gespielt haben oder spielen würden.